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Onomasiologie (fem, unz.), von griech. onoma „Name“ und griech. logos „Wort“; auch: Bezeichnungslehre

 

Teildisziplin bzw. Forschungsrichtung der Semantik, die sich – ausgehend von Sachverhalten und Begriffen der realen Welt – mit der Erforschung der auf sie referierenden sprachlichen Ausdrücke (=Wörter) beschäftigt, sowie die Untersuchung der Ursachen, die zu Veränderungen (à Bezeichnungswandel) geführt haben.

Ihre Fragestellung lautet: Wie wird eine bestimmte Erscheinung bezeichnet? Dadurch ergibt sich eine Ordnung des Wortschatzes nach Sach- oder Begriffsgruppen:

 

  1. Die unterschiedlichen Wörter (Bezeichnungen) für den Sachverhalt „etwas verabreden“ ergeben die Gruppe (=lexikalisches Feld) abmachen, absprechen, ausmachen, vereinbaren

 

  1. Das Konzept „Essen“. Eine onomasiologische Analyse sucht nach verschiedenen Wörtern, die in diese Kategorie passen. In diesen Fall wäre das z.B.: Frühstück, Mittagessen, Abendessen, Nachtisch etc. (=lexikalisches Feld)

 

Man kann dies auch anhand des Semiotischen Dreiecks erklären:

 

                                                   B

                                Inhalt/Bedeutung (=Konzept)

 

                                      A                            C

                            Ausdruck (=Form)          Referent

 

Bei der O. gehen wir vom Konzept zu den verschieden Wortformen à von B nach A. Diese „Sehrichtung vom Inhalt zum Ausdruck“ ist die notwendige Erklärung des semantischen Wandels als „Bezeichnungswandel“. So sind z.B. semasiologisch diagnostizierte Bedeutungsverschlechterungen, etwa von mhd. vrouwe zu nhd. Frau, nicht auf eine Neigung zur Abwertung von Wörtern zurückzuführen, sondern auf die Intention der euphemistischen Aufwertung von Bezugsobjekten (im Beispiel: nicht-adlige Frauen) durch höherwertig konnotierte Lexeme, die dann, indem sie usuell werden, ihre alte Konnotation verlieren. Die O. nimmt generell die Perspektive eines Sprechers ein, der nach dem „treffenden“ Ausdruck sucht.

 

Geht es der Semasiologie um die Darstellung der semantischen Struktur des Einzelwortes, ausgehend von der Lautgestalt, so wählt die O. einen anderen Ausgangspunkt – die zu bezeichnende Sache, um am Ende aber auch das Verhältnis von Wort-Abbild-Wirklichkeit zu untersuchen. Wir betrachten deshalb Semasiologie und O. als zwei Methoden, um ein und denselben Gegenstand – die Bedeutungsbeziehungen in der Lexik – zu untersuchen. Beide Methoden ergänzen einander.

 

Die O. findet ihren lexikographischen Niederschlag v.a. in Wörterbüchern nach „Sachgruppen“ à Thesauri, Onomastika, Synonymwörterbücher, Wortatlaskarten (Sprachatlas).

 

Literatur:

-          Dirven, Rene und Verspoor, Marjolijn: Cognitive Explorations of Language and Linguistics. Amsterdam 1998, S. 27-37

-          Schippan, Thea: Einführung in die Semasiologie. o.O. 1972, Seite 15-19

 

Autorin:

Seda Tunç

 

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